Versorgungssicherheit: Höchstes Gut
Die Stromversorgungssicherheit der Schweiz ist nicht verhandelbar. Sie ist das höchste Gut. Das merken immer mehr Schweizerinnen und Schweizer.
Im Mai 2017 stimmten die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über das Energiegesetz ab. Die Stimmbevölkerung sagte ja zu diesem Gesetz, welches den ersten Schritt zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 darstellt. Mittlerweile entpuppt sich die Energiestrategie 2050 immer mehr als Rohrkrepierer. Wir laufen direkt in eine Strommangellage, wie sie von den Gegnern der Energiestrategie 2050 immer prognostiziert wurde.
Zu den Befürwortern des Energiegesetzes gehörten 2017 nicht nur die FDP, sondern auch wichtige Teile der Schweizer Wirtschaft. So haben sowohl der Schweizerische Gewerbeverband als auch economiesuisse das Energiegesetz in der entscheidenden Volksabstimmung unterstützt.
Mittlerweile ist in der Schweizer Wirtschaft Ernüchterung eingekehrt. Der Schweiz fehlen sichere Strom-Produktionskapazitäten. Auch Reservekapazitäten fehlen und Stromimporte sind kaum mehr möglich, denn das Ausland hat selbst zu wenig Strom. Eine Strommangellage ist ungefähr das Schlimmste, was einem hochentwickelten Wirtschaftsstandort passieren kann. Die Auswirkungen auf Gesellschaft, Industrie und Dienstleistungen wären verheerend.
Die reale Gefahr einer Strommangellage im Winter hat wohl dazu geführt, dass der Dachverband der Schweizer Wirtschaft economiesuisse den Energiekompass für die Öffentlichkeit spürbar justiert hat. Nachdem sich Präsident Christoph Mäder bereits vor einiger Zeit für Technologieoffenheit ausgesprochen hatte, doppelte der Verband gemeinsam mit den beiden Industrieverbänden Swissmem und Scienceindustries nach. Gefordert wurde auch da Technologieoffenheit.
In der SRF-Arena plädierte economiesuisse-Direktorin Monika Rühl nun ein weiteres Mal sehr dezidiert für Technologieoffenheit. Mit einem Blog-Beitrag verdeutlicht economiesuisse die Überlegungen. «Vor allem eine Krautvariation gedeiht im energiepolitischen Gemüsegärtchen leider zu gut: der Chabis. Man sieht dies beispielsweise an den vielen optimistischen, teilweise sogar naiven Ideen zur Schliessung einer bald akuten Winterstromlücke oder den brachialen Ideen von Kontingentierung und Abschaltungen als Lösungsansatz», schreibt Economiesuisse.
Die Wirtschaft, heisst es im Blog-Beitrag, hat zwei Ziele: Einerseits Versorgungssicherheit, andererseits Dekarbonisierung. Dazu braucht es Pragmatismus und Realitätssinn. economiesuisse geht davon aus, dass wir rund 40 Prozent mehr Strom benötigen. Dieser Strom sollte möglichst klimaneutral produziert werden.
«Wir müssen deshalb einen realistischen und realisierbaren Weg zur «Energiewende» suchen – einen, auf dem nicht im Winter die Lichter ausgehen oder wegen explodierender Preise die Energiearmut und Rezession grassieren. Es muss auch ein Weg sein, der über ein breites und solides Fundament verfügt, sowohl bei den eingesetzten Technologien als auch bei den Massnahmen. Neben allen Erneuerbaren kommt da eben auch die Kernenergie ins Spiel. Sie bietet uns vor allem im Winter eine sichere Versorgung und ist unsere Versicherung, falls der Ausbau der Erneuerbaren weiterhin stockt. Entsprechend wäre es fahrlässig, sie nicht in die Überlegungen zur Versorgungssicherheit einzubeziehen und voreilig Türen zu schliessen. Jede klimaneutrale Stromquelle zählt – vor allem im Winter», schreibt Monika Rühl.
Economiesuisse hat den Weg zurück in die energiepolitische Realität gefunden. Das ist erfreulich.