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Plan der nicht aufgeht

Der Solarplan von Roger Nordmann will den Verkehr und die Gebäude mit Photovoltaik dekarbonisieren. Gleichzeitig will er auf Kernkraftwerke verzichten. Sein Plan ist aus zahlreichen Gründen zum Scheitern verurteilt.

Nationalrat Roger Nordmann hat ein Buch vorgelegt. Darin beschreibt er, wie er den Verkehr und die Gebäude dekarbonisieren will. Die zwei grossen, klimapolitisch unausweichlichen Substitutionen in der Schweiz will er mit zusätzlich installierten 50 GW Solarstrom aus Photovoltaik (PV) erreichen. Gleichzeitig will er auf Kernkraftwerke verzichten. Sein Vorhaben scheitert aus zahlreichen Gründen.

Unzulässige Durchschnittszahlen

Den durchschnittlichen Jahres-Stromverbrauch mit der Menge des durchschnittlich produzierten PV-Stromes («Flatterstrom») zu vergleichen, ist unzulässig: Um stabil zu bleiben, verlangt das Stromnetz dauerndes, unterbruchfreies Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Produktion, und dies eben nicht bloss im Jahresdurchschnitt.

Roger Nordmann argumentiert durchwegs mit (Jahres-)Durchschnittszahlen der photovoltaisch erzeugten elektrischen Energie. Die Stromwirtschaft ist aber kein Durchschnitts-, sondern ist ein «Augenblick»-Geschäft: «Delivery on Demand». Weichen Verbrauch und Produktion voneinander ab, was durch eine Frequenzabweichung signalisiert wird, muss mittels mehrstufigen, teilweise automatisierten Eingriffen, das dynamische Gleichgewicht von Produktion und Verbrauch wieder herbeigeführt werden. Die Frequenz darf nie mehr als 10 mHz von der Sollfrequenz von 50.00 Hz abweichen. Es führt in die Irre und lenkt vom zentralen Problem ab, wenn argumentiert wird, dass die PV-Produktion im Mittel den Jahresverbrauch decke; entscheidend ist, ob sie den je momentanen Verbrauch zu decken vermag.

Photovoltaik produziert keine Bandenergie

Eine moderne, zunehmend digitalisierte Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft wie die Schweiz ist existentiell darauf angewiesen, dass überall, dauernd und unterbruchsfrei elektrische Energie zur Verfügung steht. Selbst kurzzeitige Versorgungslücken haben gravierende technische, wirtschaftliche, finanzielle und gesellschaftliche Schäden zur Folge, längerdauernde Blackouts brächten die Schweiz buchstäblich zum Stillstand.

Bislang produzierten die Kernkraftwerke ununterbrochen und zuverlässig die Grundlast und die Laufkraftwerke die Bandenergie, während die Speicherkraftwerke die Schwankungen der Nachfrage ausgleichen. Sie bilden das Fundament der Landesversorgung mit elektrischer Energie. Wenn nun zukünftig die KKW wegfallen und die Stromproduktion dannzumal grossmehrheitlich auf stochastisch produziertem PV-Strom («Flatterstrom») basieren wird: woher kommt dann die konstant produzierte Bandenergie?

Speicherproblem ungelöst

Die dem System der Stromversorgung inhärente Notwendigkeit der ständigen Übereinstimmung von Produktion und Verbrauch ist mit Photovoltaik nur über sehr grosse Speicher zu erreichen. Diese Speicher kosten ein Vielfaches der Solarpaneele. Nordmann schreibt (im Buch Seite 70), «dass es höchstens vier aufeinanderfolgende Tage ohne wesentliche Stromproduktion gibt». Und was ist mit den Nächten? Bei der Sonne gibt es immer Produktionsunterbrüche, wie und womit kann dann Produktion und Verbrauch jederzeit in Übereinstimmung gebracht werden?

Nordmann ist deutlich zu optimistisch: Im Januar 2017 gab es in den ersten drei Wochen keinen einzigen Tag, an welchem mehr als 10 % der installierten PV-Leistung erreicht worden ist. Selbst für bloss vier Tage müsste im Winter eine Speicherkapazität von mehreren Dutzend GWh verfügbar sein – oder mehr, abhängig davon, wieviel und wie lange die hydraulischen Lauf- und Speicherkraftwerke Strom liefern. Die Laufkraftwerke liefern nämlich im Winter generell deutlich weniger als im Sommer. Bei angenommenen Kosten von (optimistischen) tausend Franken pro kWh Speicherkapazität ergeben sich Kosten von mehreren Dutzend Milliarden Franken.

Photovoltaisch erzeugte elektrische Energie muss in grossem Umfang gespeichert werden können, um auch in produktions-schwachen Zeiten dauernd Produktion und Verbrauch ( heute neudeutsch «delivery on demand» genannt) jederzeit sicherzustellen. Diesbezügliche technisch und wirtschaftlich mögliche Lösungen des Speicherproblems werden keine aufgezeigt, weil es sie nicht gibt.

Massiv höhere Kosten

Die geschätzten Kosten von insgesamt 60 Milliarden Franken reichen nicht aus, die Energie- und Klimaprobleme der Schweiz (Dekarbonisierung von Verkehr und Gebäuden) wie beschrieben allein mit Sonnenenergie lösen zu können, nicht zu reden von den gewaltigen Kosten einer wirklich CO2-neutralen Schweiz im Jahre 2050 bei abgeschalteten Atomkraftwerken.

Gaskraftwerke anstatt Kernkraftwerke

Nordmann erkennt, dass die zusätzlich zu installierende Photovoltaikleistung von 50 GW nicht ausreicht, die Stromversorgung im Winter sicherzustellen. Deswegen fordert er den Bau von Gaskraftwerken – Klimaschutz ade.

Nordmann erachtet die Stromproduktion der Schweiz im Winter für 80 Prozent der benötigten elektrischen Energie als ausreichend, denn die fehlenden 20 Prozent will er mit Gaskraftwerken decken. Das konterkariert das erklärte Ziel des Solarplans und steht in klarem Widerspruch zum Energiegesetz, das am 21. Mai 2017 vom Schweizer Souverän angenommen worden ist.

Was heisst klimaneutral?

Wenn die Schweiz bis 2050 CO2-neutral sein soll, dann müssen nicht bloss Verkehr und Gebäude dekarbonisiert werden, sondern es müssen darüber hinaus auch der fossile Energieverbrauch von Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen, Landwirtschaft und der Haushalte insgesamt sowie derjenige des Luftverkehrs substituiert werden.

Roger Nordmann: Ein Solarplan, der nicht aufgeht.