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Axpo – quo vadis?

Es gibt nicht viele Unternehmen in der Schweiz, die sich fragen "Wer sind wir eigentlich?" Die Axpo ist so eine Firma. Gegründet wurde sie 1914 unter dem Namen NOK (Nordostschweizerische Kraftwerke) mit dem Auftrag, die nordostschweizerischen Kantone (AG, AI, AR, GL, SG, SH, SZ, TG, ZG, ZH) mit Strom zu versorgen.

So sieht sich die Axpo allerdings nicht. Der Konzernleiter Christoph Brand bestreitet, für die Versorgungssicherheit verantwortlich zu sein. Verantwortlich sieht er sich für den Geschäftsgang, den Gewinn. Den erzielt er mit Handel – in erster Linie mit Stromhandel. Das ist in den letzten Jahren lukrativ geworden, seit die Preise an den Strombörsen derart schwanken.

Dieses Geschäftsmodell wollten sich die Axpo-Chefs absichern und sie entwarfen einen neuen Aktionärsbindungs-Vertrag. Darin steht klipp und klar: "Die Axpo hat keinen Auftrag zur Versorgung der Axpo-Kantone mit Elektrizität". Sie wollen aber auch sicherstellen, dass die Strompreise volatil bleiben, darum steht auch das im Vertrag: "Die Axpo soll auf zusätzliche Beteiligungen im Bereich der Kernenergieproduktion verzichten". Klar, Kernkraftwerke produzieren keinen Flatterstrom, darum flattern auch die Strompreise weniger.

Beinahe wären diese katastrophalen Sätze in Rechtskraft getreten. Die Schaffhauser Stimmbürger haben es zum Glück gemerkt und den Vertrag – als einzige – abgelehnt.

Christoph Brand ist am 16. Januar an der Jahrestagung des Gewerbeverbands in Klosters als «Key-Note Speaker» aufgetreten. Kein Wort zum neuen Vertrag. Dafür stellte er eine neue Versorgungsstrategie vor: neu steht die Windenergie im Vordergrund. Bei Dunkelflauten springen Gaskraftwerke ein. Photovoltaik sei zu teuer – erstaunlich, dass das endlich jemand zugibt! Die Winterlücke sei mit inländischer Produktion nicht zu schliessen, aber mit einem Stromabkommen schon. Neue Kernkraftwerke? Vielleicht in 20 Jahren. Ersatz für den wegfallenden Strom aus Beznau? Offenbar Wind und Gas.

Eine einfache Kopfrechnung zeigt, wie unrealistisch diese Vorstellungen sind: Im Jahr 2033, wenn beide Beznau-Reaktoren stillgelegt sind, fehlen jedes Jahr rund 6 TWh. Eine 5 MW-Windturbine produziert in einem Jahr an einem guten Standort bestenfalls 10 GWh. Es braucht also allein als Ersatz für Beznau 600 grosse Windturbinen. Gibt es so viele gute Standorte? Und wie passt man die Produktion der Nachfrage an? Was ist bei Flaute? Schliesslich: Wie viele Windturbinen benötigen wir, um bis 2050 aus Öl und Gas auszusteigen? Fragen über Fragen – aber wir können beruhigt sein; denn wie hat Brand seinen Vortrag abgeschlossen? "Wir sind bereit, unseren Teil zu leisten".

Der Letzte Satz ist natürlich ironisch gemeint. Solange die Axpo Kernkraftwerke abstellt und keine neuen baut, solange sie ihre Investitionen weitgehend im Ausland tätigt und ihr Geld hauptsächlich mit riskanten Termingeschäften verdient, solange trägt sie nicht zu einer sicheren Stromversorgung bei. Mit Wehmut erinnert man sich an die letzten Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts, als sich die zehn grössten Stromversorger regelmässig zusammensetzten und für die nächsten Jahrzehnte planten ("Zehn Werke Berichte"). Aber damals waren sie noch Partner. Heute sind sie leider Konkurrenten.

Christoph Brand