Dunkelflauten – und das Gegenteil
Wie eine Stromversorgung funktioniert, die man nicht steuern kann, hat Deutschland in der zweiten Dekade des Dezembers eindrücklich demonstriert. Am Donnerstag, den 12. Dezember erreichte der Strompreis ein Rekordniveau, um am Sonntag, den 16. auf Null zu fallen.
Wir haben uns im letzten Newsletter über das deutsche Geschäftsmodell beim Stromhandel – teuer einkaufen und billig verkaufen – lustig gemacht. Schon zwei Wochen später ist es nicht mehr lustig. Über weiten Teilen Westeuropas lag eine dicke Nebeldecke und ein windloses Hochdruckgebiet. Das heisst: Null Solarstrom und praktisch null Windstrom. In Deutschland liefen die Kohle- und Gaskraftwerke auf Hochtouren, aber das genügte nicht.
Man musste Strom im nahen Ausland einkaufen und zahlte am 12. Dezember zeitweise fast einen Euro pro kWh. Weil vor allem Skandinavien dank Wasser- und Kernkraft genügend Strom hatte, saugte das deutsche Netz den fehlenden Strom dort ab. Allerdings so gierig, dass auch dort die Preise stiegen. Die schwedische Energieministerin Ebba Busch sagte, sie sei wütend auf die Deutschen. Noch drastischer äusserte sich ihr norwegischer Kollege Terje Aasland: Die Situation sei absolut beschissen.
Am Freitag, den 13. entspannte sich die Situation leicht, aber Deutschland zahlte immer noch 30 Eurocents für die importierte kWh. Dann kam das Wochenende. Der Strombedarf ging zurück und der Wind frischte auf. Am Sonntag, den 16. schwamm Deutschland im Strom. Er musste ins Ausland verschenkt werden. Der Strompreis war auf null gesunken. Bei Axpo und BKW rieb man sich die Hände und füllte die Pumpspeicher. Noch sind solche Ereignisse bei uns schwer vorstellbar. Dank einem Sockel aus Kernenergie und der regelbaren Wasserkraft können wir Angebot und Nachfrage einigermassen im Gleichgewicht halten. Aber in wenigen Jahren wird der nukleare Sockel kleiner und der Regelbedarf der Erneuerbaren wird zunehmen. Wir müssen uns vorsehen!