Gedanken zu COP29
Zum neunundzwanzigsten Mal treffen sich Tausende und Abertausende von Staatsoberhäuptern, Ministern, Diplomaten und Beamten, um die Welt vor dem Klimawandel zu retten. Was ist zu erwarten?
Wohl eine klare Strategie, wie fossile Energiequellen durch CO2-neutrale Quellen wie Wasserkraft, Kernenergie, Sonne und Wind ersetzt werden kann? Schön wär’s! Beschlossen hat man eine Verschiebung von ein paar hundert Milliarden Dollar vom «Globalen Norden» zu den «Entwicklungsländern». Eines dieser Entwicklungsländer ist nota bene China, mit Abstand der grösste Produzent von Kohlendioxid (CO2).
Vor neun Jahren, 2015, fand die COP in Paris statt. Damals einigte sich die Staatengemeinschaft erstmals völkerrechtlich verbindlich darauf, die globale Erwärmung auf 2°C – wenn möglich auf 1,5°C – zu beschränken.
Wo stehen wir heute, neun Jahre später? Wir stehen da, als ob es das Abkommen von Paris nie gegeben hätte: Noch nie war der CO2-Ausstoss höher als 2023. Das Jahr 2023 war das wärmste seit Messbeginn und 2024 dürfte den Rekord übertreffen. Die Erwärmung um 1,5°C haben wir erreicht und die globale Temperatur wird weiter steigen. Auch die 2-Grad Grenze wird nicht zu halten sein. Wir steuern auf 3 Grad zu. Was läuft da schief?
Es läuft auf drei Ebenen schief:
- Die Öl, Gas und Kohle fördernden Länder – oft die Gastgeber der COP – haben eine sehr effiziente Nebelwand hochgefahren. Sie sondern Lippenbekenntnisse ab, aber sie sorgen dafür, dass in den Schlusserklärungen nichts Griffiges enthalten ist. Sie schützen ihr Geschäftsmodell und das heisst: Fossile Brennstoffe. Schliesslich verdienen sie jedes Jahr hunderte Milliarden damit. Milliarden, nicht Millionen!
- Für die «Klimaschützer» ist der Kampf gegen den Klimawandel ein Werkzeug, den Kapitalismus zu überwinden. «Systemwandel statt Klimawandel» ist ihr Motto. Das heisst Verzicht auf Wohlstand und Fortschritt. Verzicht auf Wachstum sowieso. Also ja keine Kernkraftwerke, die das Problem ohne den Weg zurück in das vorindustrielle Zeitalter lösen könnten. Das führt zum dritten Punkt:
- Wir bauen zu wenige Kernkraftwerke. Zwar ist es dem IAEA-Generaldirektor Rafaele Grossi an der COP 28 gelungen, 19 Länder dazu zu bringen, sich zu verpflichteten, ihre nukleare Kapazität zu verdreifachen. Aber das genügt nicht. Wenn wir das Ziel von Paris erreichen wollen, müssen wir die fossilen Energiequellen ersetzen. Für diesen Ersatz gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten. Der Wind weht nicht überall und vor allem nicht immer. Photovoltaik? Ja, aber die Sonne geht jeden Abend unter und im Winter sind die Tage kurz. Wasserkraft gibt es nur dort, wo Berge sich erheben. Nichts führt an der Kernenergie vorbei.
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Wir scheinen auf gutem Weg zu sein: Zurzeit sind weltweit 56 grosse Kernkraftwerke im Bau. Das ist rund ein Achtel der bestehenden Flotte. Das tönt besser als es ist: Bei einer angenommenen Bauzeit von 7 Jahren gehen gerade mal acht Werke pro Jahr in Betrieb. Wie viele müssten es sein?
Die Welt bezog im Jahr 2023 total 140'000 Terawattstunden (TWh) Energie aus Kohle, Öl und Gas. Auch wenn man berücksichtigt, dass elektrische Energie drei Mal effizienter ist als Wärmeenergie, ergibt sich ein jährlicher Bedarf von knapp 50'000 TWh. Ein grosses Kernkraftwerk wie Gösgen produziert pro Jahr 8 TWh. Das heisst, um die Ziele des Abkommens von Paris zu erfüllen, braucht es gut 6'000 solche Kernkraftwerke.
Wir haben 25 Jahre Zeit, sie zu bauen. Das heisst, wir müssen jedes Jahr nicht 8, sondern 240 neue KKW in Betrieb nehmen. Selbst wenn die Hälfte der Ersatz-Energie aus Quellen wie Sonne und Wind stammen würde – woran zu zweifeln ist – sind es jedes Jahr 120, also das 15-fache der gegenwärtigen Produktion.
Wir es haben immer gesagt: Ohne Kernenergie gibt es kein Netto-Null. Angesichts dieser Zahlen müssen wir ergänzen: Sogar mit Kernenergie reicht es nicht bis 2050. Es braucht länger, es sei denn, die Weltgemeinschaft gibt sich einen Ruck wie Frankreich seinerzeit mit dem «Plan Messmer». Nach der Ölkrise 1973 baute Frankreich innert 15 Jahren 57 Kernkraftwerke, um vom Öl unabhängig zu werden. Mit einem «Plan Messmer» für die ganze Welt könnte man tatsächlich bis 2050 genügend KKW bauen – aber danach sieht es gerade nicht aus. Noch nicht?