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So gross wie der Thurgau

Solarkraft liefert grosse Mengen von Strom – allerdings nicht dann, wenn man ihn braucht. Eine Studie von Avenir Suisse zeigt, dass sich der Überschuss nicht für den Winter speichern lässt.

«Die Versorgungssicherheit im Winter macht der Schweiz Sorgen. Wenn die Kernkraftwerke stillgelegt werden und Wärmepumpen sowie E-Autos Strom brauchen, droht in der kalten Jahreszeit eine riesige Lücke. Solarstrom soll deshalb neben der Wasserkraft zum zweiten grossen Pfeiler der Energieversorgung werden. Doch bisher wurde eine Folge der Energiewende weitgehend ausgeblendet: Auch im Sommer drohen Schwierigkeiten – wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen als im Winter», schreibt Avenir Suisse einleitend zu ihrer Untersuchung.

Die Ausgangslage: Die Schweiz produziert immer mehr Solarstrom. Allerdings nur im Sommerhalbjahr. Die Schweiz hat aber im Winter ein Versorgungsproblem. Es stellt sich also die Frage, wie man den überschüssigen, solarproduzierten Sommerstrom für die Wintermonate speichert.

Weil Pumpspeicherwerke innerhalb kurzer Zeit entleert und wieder gefüllt werden müssen, eignen sie sich nicht für die saisonale Speicherung von Strom. Avenir Suisse hat deshalb ausgerechnet, wie eine saisonale Speicherung mit Batterien (Tesla-Megapacks) zu bewerkstelligen wäre.

Avenir Suisse schreibt: «Ein Megapack speichert 3,9 Megawattstunden (MWh) Strom. Man müsste in der Schweiz also 5,1 Millionen dieser Megapacks laden und im Winterhalbjahr entladen, wobei sich die Verluste bei Lithium-Ionen-Batterien auf 1 bis 2% pro Monat belaufen. Ein Megapack kostet umgerechnet 1 Mio. Franken. Damit würden sich die Anschaffungskosten für 5,1 Mio. Megapacks auf 5,1 Billionen Franken oder eine halbe Million Franken pro Einwohner belaufen. Die Fläche, um all die Megapacks aufzustellen, wäre zudem so gross wie der Kanton Thurgau». Die Rechnung zeigt, dass eine saisonale Speicherung mittels Batterien utopisch ist. Das gilt auch, wenn sich die Kosten halbieren.

Als weitere mögliche Lösung wird dann immer Wasserstoff propagiert. Nach aktuellem Forschungs- und Entwicklungsstand ist auch diese Speicherlösung aus zwei Gründen zum Scheitern verurteilt.

Erstens: Matchentscheidend bei der Herstellung von Wasserstoff sind die Kosten. «Damit sie sich rentieren, sollten sie 4000 bis 5000 Volllaststunden pro Jahr erreichen. Will man Elektrolyseure jedoch allein mit überschüssigem Solarstrom betreiben, sind solche Zahlen nicht erreichbar. Lugano als sonnenreichste Stadt weist 2023 rund 2300 Sonnenstunden auf, viele Gebiete im Mittelland liegen unter 2000 Stunden. Spanische Städte kommen immerhin auf 3000 bis 3500 Sonnenstunden. Elektrolyseure unter Schweizer Bedingungen einzusetzen, dürfte deshalb wenig effizient sein», schreibt Avenir Suisse.

Zweitens: Die Energieverluste bei der Produktion von Wasserstoff sind riesig. Bei der Umwandlung von Solarstrom in Wasserstoff gehen 30 Prozent der Energie verloren. Bei der Rückverstromung liegt der Wirkungsgrad höchstens bei 60 Prozent. Das heisst, dass nur rund ein Drittel der ursprünglichen Energie auch genutzt werden kann.

Ganz unabhängig vom schlechten Wirkungsgrad, verfügt die Schweiz auch nicht über die notwendige Speicherinfrastruktur für Wasserstoff. Die Kosten für die Erstellung dieser Infrastruktur könnte die Schweiz bis zu 40 Milliarden Franken kosten. Steht diese Infrastruktur einmal, müssen auch noch Gaskraftwerke gebaut werden, damit im Winter aus dem Wasserstoff wieder Strom produziert werden kann.

Die Berechnungen von Avenir Suisse zeigen: Weder die Lösung «Batterien», noch die Lösung «Wasserstoff» können nur im Ansatz mit einem neuen Kernkraftwerk mithalten. Sogar ein «teures» Kernkraftwerk, wie im französischen Flamanville erstellt, lässt sich viel kostengünstiger realisieren.

Eine Fläche so gross wie der Apfelkanton Thurgau: Weder Batterien noch Wasserstoff sind Alternativen zu neuen Atomkraftwerken.