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Heikles Stromdossier

Die Schweiz verhandelt mit der EU die Neuauflage der Rahmenverträge. Diskussionsbedarf gibt es auch im Strombereich. Jetzt werden die neuen und alten Hürden diskutiert.

«Die Schweiz ist eng in das Stromsystem ihrer Nachbarländer eingebunden. Das ist physikalisch und geografisch gegeben, aber mit der EU nicht rechtlich abgesichert. Die fehlende Absicherung ist für die Schweiz mit Nachteilen verbunden. Bereits von 2007 bis 2018 wurden Verhandlungen über ein Stromabkommen mit der EU geführt. Diese wurden aufgrund der damals ungeklärten institutionellen Fragen unterbrochen. Nun sollen die Verhandlungen wieder aufgenommen und die institutionellen Elemente auch im Stromabkommen verankert werden», schreibt das Bundesamt für Energie. Dies ist wichtig, weil das Schweizer Stromnetz an 42 Stellen mit dem Netz der EU verbunden ist.

Was eigentlich schon lange bekannt ist, tritt jetzt – wo es mit den Verhandlungen mit der EU konkreter wird – immer offensichtlicher zutage. Das Stromabkommen ist ein schwieriges Unterfangen mit vielen Hürden.

«Mit den Verhandlungen mit der EU über ein Stromabkommen gelangen die im letzten Winter aus dem Boden gestampften Reservekraftwerke jetzt aber plötzlich auf den Prüfstand. Der Grund: Die Kraftwerke, für welche die Betreiber auch Geld erhalten, wenn sie nicht laufen, könnten gegen das Beihilferecht der EU verstossen. Brüssel will damit verhindern, dass der Markt verzerrt wird, indem Strom von den staatlich finanzierten Notkraftwerken auf den Markt gelangt», berichtet die NZZ. Sollte sich die EU bei der Stromreserve dreinmischen, dann ist dies auch gemäss Bundesrat Albert Rösti eine rote Linie. Swissgrid, ElCom und VSE hoffen derweil, dass sich die Frage der Reserve gar nicht stellen wird, weil man ja dann Bestandteil des EU-Marktes wäre.

Ein anderer Streitpunkt ist die Gewässerhoheit. Sie bereitet den Bergkantonen grosse Sorgen. In der Schweiz können die Konzessionsvergaben zur Stromproduktion ohne Ausschreibungen erfolgen. Die EU hingegen sieht ab einem gewissen Schwellenwert eine Ausschreibungspflicht vor. Sollte die EU hier auf ihrem Standpunkt beharren, dann wird die «Alpen-Opec» zum Widerstand aufrufen.

«Für Kopfzerbrechen sorgen in der Strombranche zudem die strengen Entflechtungsvorgaben der EU. In der Schweiz sind die Energieversorger bereits heute verpflichtet, für den Netzbetrieb Buchhaltung und IT separat zu führen. Die EU-Bestimmungen gehen jedoch deutlich weiter und fordern, dass bei Unternehmen mit über 100’000 Kunden der Netzbetrieb auch rechtlich von den übrigen Tätigkeitsbereichen abgesondert wird», schreibt die NZZ. Davon wären in der Schweiz 14 Unternehmen betroffen. Beispielsweise das EWZ, welches zur Zürcher Stadtverwaltung gehört. Sie müssten alle ausgegliedert werden.

Die grösste Hürde allerdings ist seit Jahren bekannt: Die vollständige Öffnung des Strommarktes. In der EU darf jeder Verbraucher wählen, ob er in der Grundversorgung bleiben oder den Strom im freien Markt einkaufen will. Gegen eine vollständige Liberalisierung wehren sich Konsumentenschutzorganisationen, Gewerkschaften und ein beträchtlicher Teil der Schweizer Verteilnetzbetreiber. Der Widerstand geht von ganz Links bis weit ins rechte Lager. Und der Streit geht mitten durch den VSE.

Während man für die ersten Hürden möglicherweise Verhandlungslösungen mit der EU finden kann, müsste eine vollständige Strommarktliberalisierung vor dem Volk bestehen. Bereits am 22. September 2002 wurde in einer Referendumsabstimmung das Elektrizitätsmarktgesetz mit 52,6% abgelehnt. Eine neue Volksabstimmung dürfte aktuell wenig Chancen haben. Gerade auch, wenn man sich die Strompreisentwicklung in Deutschland vor Augen führt.

Stern von Laufenburg: Die Schweiz ist das Stromzentrum Europas.