Krise bei den SMR?
Die Einstellung eines Projekts der Firma NuScale in den USA hat auch in unseren Medien Wellen geworfen. Ist das jetzt das Ende der vielgerühmten Kleinreaktoren? Was ist geschehen?
Der Tagesanzeiger titelt: "Vorzeigeprojekt der Atomfreunde ist gescheitert." So klar ist die Sache nicht. Was genau ist der Stand der Dinge? Wir klären auf.
Die im amerikanischen Staat Oregon beheimatete Firma NuScale hat vor Jahren ein – auf den ersten Blick – geniales Konzept vorgelegt: Ein Kernkraftwerk, zusammengebaut aus 6 bis 12 Kleinreaktoren, die so konstruiert sind, dass eine Kernschmelze ausgeschlossen werden kann. Jeder dieser Reaktoren sollte 50 Megawatt (MW) Leistung liefern können und ohne Pumpen auskommen. Die Wärmeabfuhr geschieht durch Konvektion.
Dank der einfachen Konstruktion sollten die Baukosten so niedrig sein, dass die Kilowattstunde für 5,8 US Cents produziert werden könne. Nach Jahren der Prüfung gab die Aufsichtsbehörde NRC grünes Licht und ein Konsortium, bestehend aus Elektrizitätsversorgern verschiedener Staaten unter der Führung von Utah sicherte die Mittel für den Bau im Nationalen Leboratorium in Illinois zu. Man stand vor einem Durchbruch.
Da machte die Führung von NuScale einen schwer verständlichen Fehler: Man beschloss, die Leistung der einzelnen Reaktoren von 50 auf 77 MW zu erhöhen. Damit begann das Lizenzierungsverfahren von vorne und die Kosten pro kWh stiegen auf 8,9 US Cents. Schon vor einigen Monaten hatten die ersten Partner das Konsortium verlassen. Mit dem kürzlich erfolgten Ausstieg von Utah war das Projekt am Ende.
John Hopkins, der Chef von NuScale, zeigte sich unbeeindruckt: Es sei bloss ein einziges gescheitertes Projekt, diejenigen in Tennessee, in Rumänien und Korea seinen auf Kurs und monatlich kämen neue dazu.
Der nach NuScale am nächsten vor der Realisierung stehende SMR ist wohl der BWRX-300 von GE-Hitachi. Aber auch von da hört man Gerüchte, wonach die Kosten von 1 Milliarde US$ pro 300 MW nicht eingehalten werden können.
Skepsis ist angebracht. Die Grundidee der SMR ist ja die: Wir ersetzen Wirtschaftlichkeit der Grösse durch Wirtschaftlichkeit der Massenproduktion. Das leuchtet ein, allerdings führt das zu einem Huhn -Ei Problem: die ersten fünf oder zehn SMR eines Typs können nicht am Fliessband produziert werden und sind daher teuer. So will sie niemand und die Massenproduktion läuft nicht an. Es sei denn, eine staatliche Institution entscheidet sich, den Gordischen Knoten zu zerschlagen und die Massenproduktion im Voraus zu finanzieren. Im Moment ist nichts dergleichen in Aussicht.
Das bedeutet vielleicht, dass wir in der Schweiz nicht «süferli» mit Kleinreaktoren ins Atomzeitalter zurückkehren können. Wahrscheinlich benötigen wir Grossreaktoren, wie sie vor 15 Jahren geplant worden waren. Schliesslich können wir nicht mit einem 300 MW Reaktor Mühleberg (373 MW), Beznau1 (365 MW) und Beznau 2 (365 MW) ersetzen. Bei den Grosskraftwerken ist auch die Auswahl moderner aber schon bewährter Typen grösser.