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Es reicht!

In den nächsten Jahren wird in unserem Land der Strom knapp. Wie damit umgehen? Unterschiedlicher könnten die Rezepte kaum sein.

In der NZZ äusserte sich FDP-Präsident und Aargauer Ständerat Thierry Burkart zur Schweizerischen Energiepolitik. Er plädierte in seinem Beitrag richtigerweise für mehr Realität in der hiesigen Energiepolitik. «Die Schweizer Energiepolitik ist zu lange von Ideologie und zu optimistischen Szenarien getrieben worden. Das Land braucht nun neben der Offensive für erneuerbare Energien dringend Speicherkapazitäten und neue Grosskraftwerke, wenn wir bis 2050 den massiven zusätzlichen Strombedarf decken wollen. Das bietet Chancen für die Stärkung der Industrie – bedingt aber, dass die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen rasch langfristig und verlässlich ausgestaltet», schreibt Thierry Burkart in seinem Beitrag.

Thierry Burkart ist sich bewusst, dass eine CO2-freie Stromproduktion – insbesondere, wenn wir Dekarbonisieren wollen – ganz zentral ist. Er schreibt deshalb: «Wenn wir weiterhin eine nahezu CO2-freie Stromproduktion anstreben, müssen Entwicklungen im Bereich der Kernenergie wieder als Option berücksichtigt werden; Anschauungsbeispiele dafür sind die sich im Bau befindenden Kraftwerke in Schweden, Polen, den Niederlanden und Japan sowie das jüngst ans Netz angeschlossene in Finnland». Damit wird klar: In der FDP ist ein Umdenken bezüglich Kernenergie im Gange. Für Versorgungssicherheit und Klimaschutz braucht es die Option Kernenergie. Diese Technologieoffenheit fordert auch die Blackout-Initiative.

Der Meinungsbeitrag von Thierry Burkart hat bei den Befürwortern der Energiestrategie 2050 Alarm ausgelöst. In der Person von GLP-Nationalrat Jürg Grossen meldeten sich die Energiestrategie-Enthusiasten ebenfalls mit einem NZZ-Meinungsbeitrag zurück. Jürg Grossen gesteht zwar ein, dass das Reservekraftwerk in Birr ein Mahnmal für die aktuell ungenügende Energiepolitik ist, verortet die Schuld für das Scheitern aber bei den bürgerlichen Parteien. Er schreibt: «Hätten wir früher und rascher in die Erneuerbaren investiert, wäre dieser teure und klimapolitisch absurde Schritt nicht nötig gewesen. Wenn rechtsbürgerliche Kreise jetzt eine Solar- und Windoffensive fordern, ist das zwar erfreulich, aber auch etwas heuchlerisch. Denn sie waren es, die den Ausbau der Erneuerbaren jahrelang aktiv behindert und gebremst haben».

Jürg Grossen schreibt in seinem Artikel auch, dass die Schweiz mit Neuen Erneuerbaren die dereinst wegfallende Schweizer Kernenergie und die heute im Einsatz stehenden fossilen Energieträger ersetzen können. Das Problem der Winterlücke will er mit der Erhöhung von Staumauern und Power-to-X-Verfahren lösen. Das Rezept von Jürg Grossen enthält einen grundlegenden Wechsel: Die Konsumenten sollen Strom dann verbrauchen, wenn er anfällt. Die Strommangellage soll also gewissermassen zum behördlich verordneten Normalfall werden.

Die Replik von Jürg Grossen auf den Beitrag von Thierry Burkart hat der Nebelspalter in einem lesenswerten Beitrag mit dem Titel «Jürg Grossen, es reicht!» beleuchtet. Detailliert zeigt der Autor Alex Reichmuth auf, dass das Rezept von Jürg Grossen nicht aufgeht.

Es sind nicht bürgerliche Kreise, welche den Ausbau von Kraftwerken mit Einsprachen verhindern. Es sind in erster Linie Umweltschützer. Auch haben die hohen Subventionen dazu geführt, dass die Strompreise unter Druck geraten sind und so praktisch keine Investitionen mehr in Kraftwerke erfolgten.

Inzwischen ist auch klar, dass es ohne neue Grosskraftwerke nicht funktionieren wird. Spätestens wenn die Kernkraftwerke vom Netz gehen, tut sich eine gigantische Winterstromlücke auf. Alex Reichmuth schreibt: «Darum ist für Christoph Brand, CEO des grössten Schweizer Energiekonzerns Axpo klar, dass es neue Grosskraftwerke braucht, nämlich Gas- oder Atomkraftwerke».

Auch die von Jürg Grossen ins Feld geführte Speicherung der Energie in Form von neuen Speicherseen oder Wasserstoff, relativiert Alex Reichmuth richtigerweise. Er schreibt: «Um mittels Speicherseen genug Energie für den Winter aufbewahren zu können, wäre alternativ der Bau von 13 Riesenanlagen in der Grösse von Grande Dixence nötig. Sind Sie wirklich für die Überflutung von 13 Bergtälern? Will man die Winterlücke stattdessen mit Wasserstoff decken, der im Sommer mit Überschussstrom erzeugt wird, müsste ein Lagervorlumen von 57 Milliarden Kubikmetern geschaffen werden, was dem 25-fachen des Volumens des Gotthard-Basistunnels entspricht. Auch das ist völlig unrealistisch».

Für Alex Reichmuth ist klar: Die Herausforderungen der Schweiz im Bereich der Elektrizität können nur nüchtern und sachlich gelöst werden. Utopische Pläne und die Leugnung von unangenehmen Wahrheiten helfen auf diesem Weg nicht.

Um die Winterlücke mit Wasserstoff zu decken, braucht es ein Lagervolumen von 57 Milliarden Kubikmeter. Das entspricht dem Volumen von 25 Gotthard-Basistunnel.