Comeback nötig
Die Schweiz und Deutschland stehen weltweit alleine da. Auf der ganzen Welt feiert die Kernkraft ein Comeback. Nur wir glauben, auf die klimafreundliche Kernenergie verzichten zu können.
In Schweden wollen fast 60 Prozent der Bürger neue Kernkraftwerke bauen. Polen hat bei Westinghouse drei neue Kernkraftwerke der Gösgenklasse bestellt. In den Niederlanden sollen zwei neue Kernkraftwerke bis 2035 ans Netz gehen. Italien denkt laut über einen Einstieg in die Kernenergie nach. In Kanada und Tschechien wird der Bau von Small Modular Reactors (SMR) vorbereitet. Und in den USA wird die Kernenergie von beiden politischen Lagern unterstützt, weil sie eine CO2-arme Technologie ist. Auch die EU schätzt Kernenergie dank ihrer Klimafreundlichkeit als «grüne» Technologie ein.
«Neben dem drohenden Strommangel und dem starken Ausbau der Solarenergie ist die Renaissance der Atomkraft wohl die wichtigste energiepolitische Entwicklung des letzten Jahres. Jüngst hat sogar Japan, wo sich vor elf Jahren die Kernschmelze im AKW Fukushima ereignet hatte, seinen Kurs geändert. In Nippon sollen bestehende Reaktoren bis zu 70 Jahre am Netz bleiben und neue gebaut werden», bilanziert Christoph Eisenring in einem lesenswerten Kommentar in der NZZ.
Alleine auf weiter Flur steht Deutschland. Ideologische Vorbehalte stehen einer Neubewertung der Kernenergie im Weg. Vizekanzler Habek schockiert mit seiner Aussage «Kohle sei besser als Kernenergie». In der Schweiz gibt es zwar keine fixen Abschaltdaten, aber neue Kernkraftwerke dürfen nicht gebaut werden. Doris Leuthard hat das Verbot von Rahmenbewilligungen für neue Kernkraftwerke im Anhang des Energiegesetzes «versteckt», über welches das Volk 2017 abgestimmt hat.
Inzwischen ist ein Umdenken im Gange. «Es ist wohl kein Zufall, dass in Europa – mit Ausnahme des Wasserkraft-Landes Norwegen – diejenigen Länder CO2-armen Strom produzieren, die wie die Schweiz, Schweden, Finnland oder Frankreich zu einem guten Teil auf Kernkraft setzen. Noch im Februar, kurz vor dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, stellte Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Pläne für Gaskraftwerke vor, die im Winter Strom liefern sollen, wenn Sonne und Wind während Tagen fast ausfallen. Diese Strategie ist durch den Krieg erschüttert worden», schreibt die NZZ.
Die meisten Industrieländer wollen bis 2050 klimaneutral werden. Auch die Schweiz. Wer auf dem Weg dorthin eine zentrale Quelle von CO2-freiem Strom ausschliesst, wird sich verlaufen.
Die NZZ stellt deshalb eine Forderung an den neuen UVEK-Vorsteher: «Der neue Bundesrat Albert Rösti sollte jedenfalls Impulse setzen, damit Technologieoffenheit für die Schweizer Klimapolitik keine Worthülse bleibt.»
Der Energie Club Schweiz stützt diese Forderung zur Technologieoffenheit mit seiner Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)».