Bürgerkriegsähnliche Zustände?
Wenn der Strom knapp wird, sind Stromabschaltungen geplant. Nun beginnen das Hauen und Stechen, denn alle brauchen Strom. Jetzt meldet sich die Telekombranche.
Der Bundesrat präsentierte jüngst seine Pläne, wie er bei einer Mangellage den Strom in vier Eskalationsstufen bewirtschaften möchte. Die präsentierten Verordnungen sind sehr detailliert ausgefallen und enthalten einen ganzen Strauss an Verboten.
Die letzten Tage wurde rege über Schneekanonen diskutiert. Der Blick schreibt: «Die Produktion von künstlichem Schnee ist ein Stromfresser. Die Bergbahnen kontern die Kritik an der Beschneiung damit, dass die Branche nur 0,3 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs verantwortet.»
Der Betrieb von Schneekanonen ist für den Tourismus wichtig – keine Frage. Ein Verzicht auf Schneekanonen schadet dem Wintertourismus und den Bergregionen. Der wirtschaftliche Schaden wäre riesengross.
Viel schlimmer noch wären Stromabschaltungen für die Telekomanbieter. Die drei grossen Unternehmen Swisscom, Salt und Sunrise haben sich jetzt bei Bundesrat Guy Parmelin gemeldet. Sie haben gemerkt, dass auch sie in einer Mangellage auf Strom verzichten müssten. Ein Betrieb der Telecom-Infrastruktur wäre bei Abschaltungen nicht mehr möglich. Der Tagesanzeiger schreibt: «Sollte eine Stromkrise bedrohliche Ausmasse annehmen, plant der Bundesrat regionale Stromabschaltungen. Für Festnetztelefone, Handys sowie Internet und Fernsehen würde dies das komplette Aus für die ganze Schweiz bedeuten, warnen die Anbieter. Würde Zürich der Strom abgeschaltet, könnte man auch nicht mehr zwischen Basel und Bern telefonieren. So verzahnt sind laut den Telekomunternehmen die Netze und Abhängigkeiten. Nicht mal die Erreichbarkeit von Polizei, Feuerwehr und Sanität ist laut den Telekomanbietern in jedem Fall gewährleistet.»
Die Auswirkungen wären verheerend. Fallen die Dienste aus, drohen Unruhen. Der Tagesanzeiger schreibt: «Laut Quellen ging es in dieser Sitzung hitzig zu und her. Die Rede war sogar von drohenden Plünderungen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen, sollte der Bund in einer Strommangellage den Lockdown von Internet, Telefon und Handynetzen anordnen. Tatsächlich haben in den vergangenen Jahren Armee und Sicherheitsbehörden vor Schreckensszenarien gewarnt, sollte über längere Zeit der Strom ausfallen und damit auch Telefon und Alarmanlagen.»
Die Telekom-Anbieter weisen darauf hin, dass sie bereits bei verordnetem Stromsparen – also vor Stromabschaltungen – vor grosse Probleme gestellt werden. Sie brauchen für ihren Betrieb 100 Prozent des heute verwendeten Stroms. Können sie nur 80 Prozent des Stroms nutzen, bricht das Netz zusammen.
Die Schweizer Telekom-Anbieter plädieren nun dafür, dass sie von allfälligen Massnahmen ganz ausgenommen werden. Stromsparen sollen die anderen.
Störend an der ganze Sache ist, dass sich gerade die Swisscom die letzten Jahre – wohl aus Marketingüberlegung – immer wieder in Sachen Energiestrategie öffentlich hat feiern lassen. Doris Leuthard hat auch ganz bewusst mit der Swisscom Werbung für das Energiegesetz gemacht - etwa wie hier im Blick. Auch heute noch heisst es auf der Website des UVEK: «Swisscom ist eines der nachhaltigsten Unternehmen der Schweiz und deckt 100 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien.»
Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn die Swisscom den Schweizerinnen und Schweizern erklärt hätte, dass sie für ihre Dienstleistungen auch bei Dunkelflaute im Winter auf eine sichere Stromversorgung angewiesen ist und die angeblichen 100 % Erneuerbaren eben nicht ausreichen.