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Taxonomie mit Kernkraft

Erdgas und Kernkraft gelten in der EU nun definitiv als «grün». Zur einen Hälfte eine richtige – zur anderen Hälfte eine fragwürdige Entscheidung.

Nun ist es also definitiv: Kernkraft und Erdgas werden in der EU-Taxonomie als grüne Energiequellen anerkannt. Das EU-Parlament ist mit 278 Nein-Stimmen gegen 328 Ja und 33 Enthaltungen der EU-Kommission gefolgt. Mit diesem Entscheid soll die Finanzierung von Gas- oder Kernkraftwerken erleichtert werden. Umweltverbände kritisieren die Taxonomie scharf, wie unter anderem auch die NZZ berichtet. Zumindest im Fall des Erdgases kann man das Unbehagen nachvollziehen. Schliesslich ist das Verbrennen von Erdgas zur Erzeugung von Strom alles andere als grün. Die CO2-Emmissionen sind mit 400 g/kWh beachtlich, im Gegensatz zur fast CO2-freien Kernkraft. Dazu kommen die unvermeidlichen Methan-Lecks.

Vor allem Deutschland wirkte darauf hin, dass das Erdgas neu als «grün» anerkannt wird. Dafür brauchte es die Unterstützung Frankreichs, das im Gegenzug darauf pochte, dass die Kernkraft das entsprechende Label bekommt. Aus wissenschaftlicher Sicht hat Frankreich der Welt damit einen Bärendienst erwiesen. Realpolitisch mag man die Haltung Frankreichs verstehen. In einer perfekten Welt wäre jedoch nur die Kernenergie als «grün» eingestuft worden und nicht auch das Erdgas. Doch so funktioniert die Politik halt gerade auch in der EU nicht.

Das Drängen Deutschlands ist vor dem Hintergrund der gescheiterten Energiewende zu sehen. Trotz rekordhohem Zubau bei Wind und Solar ist man abhängig von fossilen Brennstoffen zur Stromerzeugung. Denn diese liefern im Gegensatz zu den sogenannten Erneuerbaren Energien den so wichtigen Bandstrom. Egal ob Dunkelflaute, Nacht oder Schnee: Gaskraftwerke liefern eigentlich immer. Vorausgesetzt natürlich, das Gas ist verfügbar. Dies allerdings ist gerade dieser Tage alles andere als sicher.

Sicher ist in Deutschland nur, dass der überhastete Ausstieg aus der Kernkraft bereits jetzt weh tut. Die drei letzten verbleibenden Kernkraftwerke sollen Ende 2022 auch noch vom Netz. Es ist ja schon eine seltsame Idee, bei einer drohenden Energie-Notlage Kraftwerke still zu legen und so mancher fragt sich schon jetzt, wo der ganze Bandstrom dereinst oder eben diesen Winter herkommen soll. Wenn Deutschland Glück hat, dann kommt er aus französischen Kernkraftwerken. Doch aus Sicherheitsgründen werden jeweils alle baugleichen Kernkraftwerke abgestellt und überprüft, wenn eines ein Problem hat. Bisher hat man es versäumt, den bestehenden Kernkraftwerk-Park systematisch zu ersetzen, was sich nun rächt.

Es ist angesichts dieser Grosswetterlage auch klar, dass das deutsche Einlenken hinsichtlich des grünen Labels für Kernkraftwerke eine sehr deutsche Entscheidung gewesen sein könnte: Kernkraft ist zwar böse und unerwünscht auf deutschem Boden. Doch mittelfristig dürfte man nicht unglücklich sein, dass auf der anderen Seite des Rheins ein Land existiert, das voll auf Kernkraft als Zukunftstechnologie gesetzt hat. Laut wird man dies aber sicher nie sagen.

Zur Hälfte eine richtige Entscheidung: Die EU-Taxonomie inkludiert fast die CO2>/sub>-freie Kernenergie.