?
Danke für Ihre Anfrage. Wir werden uns so bald wie möglich bei Ihnen melden.

Klumpenrisiko bei Gasimporten im Winter

Die von Simonetta Sommaruga verkündete "Gasversicherung", um einem Strommangel vorzubeugen, steht auf wackligen Füssen. Und laufend stellen sich neue Fragen.

Geht es nach Bundesrätin Sommaruga sollen Gaskraftwerke schon bald helfen, eine drohende Stromlücke im Winter abzuwenden. Leider ist seit kurzem klar, dass die Verfügbarkeit von Gas auf der Kippe steht. Eine «Gaslücke» kann nicht ausgeschlossen werden. Der Krieg in der Ukraine zeigt auf brutale Art und Weise, was eigentlich schon länger klar war: Die grosse Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas ist ein Sicherheitsrisiko. Die Schweiz bezieht über die Hälfte ihres Gases von Putin. Eine Quelle, die zwar auch noch mitten im Krieg liefert, aber mit grossen Fragezeichnen behaftet ist.

Man braucht kein Prophet zu sein, um festzustellen, dass unter diesen Vorzeichen Gaskraftwerke nicht als Lückenbüsser für eine verfehlte Energiestrategie taugen werden. Die Schweiz verfügt zwar über gute Anschlüsse ans europäische Gasnetz. Doch sie hat keine Gasspeicher. Solche wären eigentlich eine zwingende Voraussetzung, damit Gaskraftwerke überhaupt als sichere Back-up-Stromlieferanten betrieben werden können.

Wie ein Interview mit Gasverbandspräsident Martin Schmid in der NZZ zeigt, sind Gaslager zwar schon länger im Gespräch. Es sieht aber nicht danach aus, dass sie in nützlicher Frist gebaut werden. Noch diskutiert man beispielsweise, wer die Kosten solcher Lagerstätten zahlen soll: Der Bund, die Konsumenten?

Wie beim Strom auch hört man nun öfters, das Eingebundensein ins europäische Netz biete die beste Versorgungssicherheit. Dabei negiert man geflissentlich, dass auch die grösstmögliche Integration in Versorgungsnetze nur dann Sicherheit bietet, wenn es genügend Quellen gibt, welche in die Netze einspeisen. Beim Strom sagen viele Experten zurecht, dass mit der Abnahme des Bandstroms und der Zunahme der volatilen Erneuerbaren Energien die Versorgungssicherheit in Europa leidet, da die vorhandene Strommenge immer stärker variiere.

Zwar verweist Schmid im Interview auf die Möglichkeit von Flüssiggas (Liquid Natural Gas) hin, das in sogenannten LNG-Terminals in Pipelines eingespeist wird. Zurzeit macht Flüssiggas etwa 26 Prozent der europäischen Importe aus. Würde man sich entscheiden, komplett auf russisches Erdgas zu verzichten, müsste man diesen Anteil massiv vergrössern. Dies setzt aber voraus, dass die Flüssiggaslieferanten und die restlichen Erdgaszulieferer auch tatsächlich einspringen können und ihre Kontingente erhöhen.

Dies ist jedoch alles andere als sicher. Das «Institut der Deutschen Wirtschaft» kommt in einer Analyse zum Schluss, dass Europa einen Importstopp von russischem Gas nur unzureichend kompensieren könnte, weil die Kapazitäten limitiert und die entsprechenden Terminals in Europa ungünstig verteilt seien. Dies zeigt, dass die gute Einbindung in das europäische Gasnetz keine Versorgungssicherheit bietet.

Möchte man also in der Schweiz die Stromversorgung auch im Winter sicherstellen, kann dies erst dann mit Gaskraftwerken geschehen, wenn man über genügend Gasspeicher verfügt. Vorher sind solche Werke genauso unnütz wie grossflächige Photovoltaikanlagen, weil die Verlagerung der Sommerstromüberschüsse in den Winter mit Batterien oder Wasserstoff unterschätzt und viel zu teuer wird, wie eine Studie der EMPA/EPFL gezeigt hat. Das bedeutet, die Situation wird langsam aber sicher ungemütlich. Die 2017 vom Volk angenommene Energiestrategie setzte auf einen sinkenden Stromverbrauch, Wind, Sonne, Geothermie und Stromimporte. Gaskraftwerke brauche es nicht, meinte die damalige Bundesrätin Leuthard und die Studie des Bundesamts für Umwelt, die Gaskraftwerke als nötig erachtete, verschwand vom Internet.

Heute präsentiert sich die Lage wie folgt: Der Stromverbrauch wird in den kommenden Jahren nicht sinken, sondern massiv zunehmen; die Importstrategie ist mit dem Aus beim Rahmenabkommen gescheitert. Mit dem Ukrainekrieg stellt sich auch heraus, dass Gaskraftwerke ohne Gasspeicher untauglich sind. Der Energie Club Schweiz hat es immer gesagt: Die Energiestrategie war ein Fehler. Jetzt dürften es langsam, aber sicher auch die Grünen merken. Ohne Kernkraftwerke geht es nicht.

Eine gesicherte Gasversorgung ohne russisches Gas setzt eine entsprechende Infrastruktur voraus. Diese gibt es aktuell nicht.