Die Energiestrategie ist gescheitert: Die Katze ist aus dem Sack - der Bundesrat muss Gaskraftwerke bauen
Bern, 18. Februar 2022 – Der Bundesrat hat gestern informiert, dass er schnellstmöglich neue Gaskraftwerke bauen will. Es handelt sich um einen Notfallplan, denn der Schweiz droht bereits 2025 massiver Strom-Versorgungsengpass. Der Notfallplan ist ein klares Eingeständnis, dass die Energiestrategie gescheitert ist. Vor der Abstimmung 2017 verhinderte das UVEK die Diskussion über Gaskraftwerke. Auch die rechtlich fragwürdige Nichtbehandlung der 2008 eingereichten drei Gesuche für Ersatz-Kernkraftwerke rächt sich jetzt.
Bereits seit Jahren warnt der Energie Club Schweiz vor einer drohenden Stromlücke, denn auch noch so viele Solaranlagen können im Winter die Stromversorgung nicht sicherstellen. In jüngster Zeit kamen weitere kritische Stimmen dazu. Endlich warnte auch die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) und das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung informierte Wirtschafts- und Branchenvertreter vor einem Versorgungsengpass mit Strom. Letzten Herbst sind die Warnungen auch beim Bundesrat angekommen und er hat die ElCom beauftragt, Gegenmassnahmen vorzuschlagen. Sie wurden gestern vorgestellt.
Kein Klimaschutz, mehr Auslandsabhängigkeit
Wichtigste und dringendste Massnahme ist der Bau von zwei bis drei Gaskraftwerken mit einer Leistung von bis zu 1000 Megawatt. Die ElCom muss umgehend die Ausschreibungen für die Erstellung an die Hand nehmen. Der Bundesrat rechnet mit Kosten von bis zu 900 Millionen Franken. Die Dringlichkeit, welche der Bundesrat jetzt an den Tag legt, zeigt: Die Energiestrategie ist krachend gescheitert.
Dass der Bundesrat endlich begriffen hat, dass wir in einen gefährlichen Versorgungsengpass laufen, ist zu begrüssen. Auch dass es jetzt Sofortmassnahmen braucht. Trotzdem sind dazu viele Fragezeichen zu setzen: Ist die Gasversorgung besser gesichert als die Stromversorgung? Angesichts der Machtspiele Russlands sind Zweifel angebracht, denn Gasspeicher hat die Schweiz keine. Kommt ein Reservekraftwerk rechtzeitig? Die Stromlücke könnte sich doch schon 2025 öffnen – ein grosses Gaskraftwerk läuft aber kaum vor 2030. Schliesslich: Wie verträgt sich dieser Plan mit dem «Netto-Null»-Ziel? Man will «grünes» Gas verbrennen, doch woher nehmen? Bleibt nur, CO2 im Boden einzulagern oder zu kompensieren. Beides ist sehr teuer – wenn überhaupt möglich.
Teure Reserve und Verwaltung der Mangelwirtschaft
Daneben setzt der Bundesrat auf zwei weitere Massnahmen. Er will erstens eine Wasserkraftreserve. Das heisst, dass unsere Stromproduzenten am Anfang des Winters das Wasser in den Stauseen lassen und den Bedarf durch Importe decken sollen, solange es in den deutschen Gaslagern noch Gas hat und die Sonne noch länger scheint. Erst wenn die Importe wegbrechen, darf das Wasser wieder auf die Turbinen geleitet werden. Für den teuren Importstrom-Zukauf erhalten die Stromkonzerne eine Entschädigung. Damit wird keine neue Kilowattstunde Strom produziert, die Produktion wird einfach aufgeschoben.
Zweitens will der Bundesrat die Effizienz weiter steigern. Die Spar-Zitrone wird also weiter ausgepresst. Dazu sind Vorschriften für die Beleuchtung von Zweckbauten vorgesehen, Beiträge für den Ersatz von Elektroheizungen sowie Vorschriften und Verbote für Elektrogeräte. Konkret heisst das: Das Hochtechnologie-Land Schweiz macht sich daran, eine sich seit über 10 Jahren abzeichnende Mangelwirtschaft zu verwalten.
Es braucht eine Diskussion über die langfristige Strategie
Die eingeleiteten Massnahmen des Bundesrates entschärfen das Strom-Versorgungsproblem kurzfristig. Das ist zu begrüssen. Es handelt sich aber um «Pflästerlipolitik». Die Energiestrategie geht nicht auf. Langfristig führt kein Weg an einer Stromversorgung vorbei, die Versorgungssicherheit und Klimaschutz garantiert. Sonne und Wind allein schaffen das nicht.
Kontakt: Vanessa Meury, Präsidentin, +41 76 589 68 92, info@energieclub.ch