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Kernenergie soll deutsche Gaskraft «grünwaschen»

Frankreich will, dass Kernkraft auf die "grüne Liste" der EU kommt. Das ist verständlich, denn Kernenergie ist praktisch CO2-frei. Deutschland passt das natürlich nicht - deshalb soll nun auch Gaskraft auf die "grüne Liste". Ein typischer Kuhhandel.

Deutschland steigt bekanntlich aus der Kernenergie aus. Damit dies nicht im Versorgungsfiasko endet, sollen Gaskraftwerke gebaut werden. Diese sind jedoch alles andere als kompatibel mit den vollmundigen Klimaversprechen, welche das Land abgegeben hat. Schliesslich möchte man ja bis 2050 Klimaneutralität erreichen. Das dürfte schwierig werden.

Nun weibelt Deutschland in Brüssel hinter den Kulissen, dass fossilen Gaskraftwerke auf die «grüne Liste» der EU kommen, also zu jenen Technologien der Stromgewinnung gezählt werden, welche als besonders klimaschonend gelten. Dieser EU-Ablassstempel bringt mittelfristig erhebliche Vorteile: neue Anlagen können einfacher finanziert werden und profitieren potenziell von staatlicher Förderung.

Dieses «Greenwashing» der Gaskraftwerke dürfte einigen diplomatischen Aufwand bedeuten und nicht billig zu haben sein. Schliesslich ist nicht stichhaltig zu erklären, weshalb Gaskraftwerke, welche CO2 ausstossen, plötzlich grün sein sollen. Noch schwieriger wird die Position dann, wenn man ¬– wie Deutschland – gleichzeitig zu verhindern sucht, dass die Kernkraft, aus er man gerade aussteigt, auf die genannte «grüne Liste» der EU kommt. Im Gegensatz zu Gas ist Kernenergie fast komplett CO2-frei.

Nun bahnt sich offenbar eine Lösung in Form eines Kuhhandels an, wie er in der EU öfters vorkommt: Deutschland ist wohl dazu bereit, den vornehmlich ideologisch getriebenen Widerstand gegen eine Aufnahme der Kernenergie auf die «grüne Liste», genannt Taxonomie, der EU aufzugeben. Ganz zur Freude Frankreichs, das auch in Zukunft voll auf diese CO2-arme Technologie setzen möchte. Wie der französische Präsident unlängst bekannt gegeben hat, will Frankreich bis zu sechs neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR-2) bauen. «Die Meldung aus Paris ist Ausdruck eines Comebacks der Kernenergie», schreibt die NZZ am Sonntag dazu.

Von einer vollkommenen Renaissance könnte man spätestens dann sprechen, wenn Ende November in Brüssel tatsächlich entschieden wird, dass die Kernkraft auf die «grüne Liste» kommt. Stimmen die Gerüchte aus Brüssel, sollte dies mit dem Ende des deutschen Widerstandes im Bereich des Möglichen liegen. Frankreich wäre im Gegenzug bereit, Deutschland bei seinem «Greenwashing» von Gaskraftwerken zu unterstützen.

Für die Kernkraftgegner wäre das der GAU, das Schlimmste was passieren kann. Die Kernenergie würde nicht nur politisch gewinnen. Sie würde auch wirtschaftlich attraktiver. Frankreichs Entscheid, neue Kernkraftwerke zu bauen, beruht schon heute auf einer nüchternen Kosten-Nutzen-Überlegung. Käme KKW auf die Liste, würde es noch attraktiver. Der französische Netzbetreiber RTE hat unlängst ausgerechnet, welcher Kraftwerk-Mix die Klimaziele im Jahr 2050 am preiswertesten erfüllt: «Im teuersten Szenario würde das Land vollständig mit erneuerbaren Energien versorgt. Am billigsten wäre es, den Strombedarf je zur Hälfte mit erneuerbaren Energien und mit Kernenergie zu decken. Dieses Szenario erfordert den Weiterbetrieb einiger bestehender Reaktoren sowie den Neubau von Kernkraftwerken. Konkret müssten 14 grosse Europäische Druckwasserreaktoren erstellt werden sowie einige kleinere Reaktoren.» Frankreich zeigt den Weg. Es wäre zu wünschen, dass weitere Länder diesem Beispiel folgen – auch die Schweiz.

Es grünt so grün in der EU. Dank französischer Kernenergie kommt wahrscheinlich auch deutsche Gaskraft auf die "grünen Liste" (Foto: Uniper).