Befehl von oben: Bitte jetzt Strom sparen!
Für mehr als 30'000 Firmen in der Schweiz heisst es jetzt: «Überlegen Sie sich, wie Ihr Unternehmen Strom sparen kann.» Der Auftrag kommt von ganz oben.
Der Bundesrat hat den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) beauftragt, die erforderlichen Vorbereitungen zur Bewältigung einer Strommangellage zu treffen. Der VSE hat zu diesem Zweck die «Organisation für die Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen» (OSTRAL) ins Leben gerufen.
Dass diese dereinst den Unternehmen eine Broschüre zustellt, in welcher sie aufgefordert werden, sich zu überlegen, wie sie in ihren Betrieben Strom sparen könnten, hätten sich viele der rund 30’000 angeschriebene Unternehmen bis vor kurzem nicht vorstellen können. Doch nun wird genau dies geschehen. Wie die NZZ am Sonntag berichtet, werden bis Ende November sämtlichen Firmen, die jährlich mehr als 100’000 Kilowattstunden Strom verbrauchen, Post von Ostral erhalten.
Die Versorgungsproblematik ist schon länger bekannt, jetzt aber geht die Ostral auf die Unternehmen zu. Schliesslich haben sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Monaten und Wochen verdüstert. Auf den internationalen Energiemärkten steigen die Preise. Viele Länder in Europa sehen mit Sorgenfalten dem kommenden Winter entgegen und hoffen, dass er nicht allzu kalt wird.
Gas ist nicht nur teuer, sondern auch knapp. Russland liefert nur zögerlich, zudem wird vieles davon in Form von Flüssiggas in Richtung Japan und China verschifft. Keine guten Voraussetzungen für die Stromproduktion, die in Europa nicht auf erneuerbaren Energien beruht, sondern zu einem grossen Teil durch Gaskraftwerke sicher gestellt wird. Erneuerbare funktionieren nur mit Reservekraftwerken, die bei Dunkelflaute rasch hochgefahren und den fehlenden Solar- und Windstrom ersetzen.
Natürlich hat diese Situation auch Einfluss auf die Importfähigkeit der Schweiz. Solange Strom billig und beliebig verfügbar war, wägte man sich in Sicherheit, man könne sich ewig auf importierten Strom verlassen. Diese Fehleinschätzung hat die Schweiz in eine gefährliche Situation manövriert. Das Ostral-Schreiben ist Ausdruck davon. Es wäre allen gedient, wenn sich nicht so sehr die 30’000 angeschriebenen Unternehmen überlegen müssten, wie sie im Notfall Strom sparen, sondern wenn die Politik endlich Wege aufzeigen würde, wie die Schweiz auch in den Wintermonaten genügend Strom produzieren kann. Mit Erneurbaren allein geht es einfach nicht.