Keine Lösung für saisonales Speicherproblem
Die Energiestrategie 2050+ will die CO2-freie Kernenergie durch Flatterstrom ersetzen. Grundlage ist ein ziemlich einseitiger Ausbauplan. Ungelöst bleibt das Problem der saisonalen Speicherung. Die präsentierten Lösungen gründen auf abenteuerlichen Ideen, mangelndem Wissen und Wunschdenken. Nun taucht ein neues Heilmittel auf: Demand-Side-Management. Eine Zusammenfassung unserer kritischen Betrachtung.
Kurz zusammengefasst will die neue Energiestrategie 2050 die konstante, zuverlässige günstige und beinahe CO2 – freie Kernenergie durch Flatterstrom ersetzen. Gewaltige Mengen an Photovoltaikanlagen sollen in der Schweiz zugebaut werden (33 TWh im Jahr bis 2050). Das Hauptproblem des massiven und ziemlich einseitigen Ausbauplans der Photovoltaik in den Energieperspektiven 2050+ besteht in den saisonalen Produktionsschwankungen. Im Winter sind die Tage kürzer, es gibt also weniger Sonnenschein pro Tag und die Sonne steht tiefer am Horizont, was die Einstrahlung verringert. Wie kann man möglichst viel der überschüssigen Sommerstromproduktion im Winter nutzen, sie also «umlagern»? Bisher wird das Thema der saisonalen Speicherung nur mit markigen, sich laufend ändernden, mehr oder weniger abenteuerlichen und kaum spezifizierten Ideen (z.B. Photovoltaikanlagen in alpinen Regionen, Power to Gas etc.) «adressiert».
Was ist DSM?
DSM steht für Demand Side Management. Der Begriff ist weder klar noch einheitlich definiert, grundsätzlich geht es darum, Verbraucher zu steuern um den Stromverbrauch im Interesse des Gesamtsystems zu erhöhen oder zu reduzieren. So kann die Netzstabilität erhöht werden. Es werden z.B. Wärmepumpen temporär abgeschaltet, wenn zu wenig Strom produziert wird. Das stört den Nutzer nicht, weil das Haus noch eine ganze Weile warm bleibt. Umgekehrt können im Falle von Produktionsspitzen Verbraucher zugeschaltet werden z.B. Elektrofahrzeuge oder dezentrale Stromspeicher geladen werden. DSM trägt heute schon (sog. «Rundsteuerung» z.B. zur kurzfristigen Abschaltung von Heizungen oder Tarifanreize z.B. Nachtstromtarife) dazu bei, mehr oder weniger kurzfristige Schwankungen im Stromverbrauch auszugleichen und Verbrauchsspitzen zu reduzieren. Für Schwankungen über mehrere Tage, Wochen oder gar Monate ist DSM nicht geeignet (das wird auch von niemandem behauptet).
Verschärfung eines bestehenden Problems
Der massive Ausbau der Photovoltaik verschärft ein bestehendes Problem der Schweizer Stromwirtschaft, die heute schon (wegen der Saisonalität der Wasserkraft) einen Stromüberschuss im Sommer und einen Strommangel im Winter produziert. Dieser soll vermehrt durch Importe gedeckt werden. Gleichzeitig ist der Strombedarf in ganz Europa im Winter wesentlich höher als im Sommer und die Stromproduktion geringer als im Sommer. DSM trägt zur Lösung dieses Problems nichts bei. Nur relativ kurzfristige Lastverschiebungen sind mit DSM möglich.
Grundlagen zur Aussage zu DSM
«Es wurde eine erste Schätzung für die Grössenordnung des DSM-Potentials in der Schweiz erstellt» bezeichnet die «Studie» ihr Ziel. «[…] weshalb die Höhe der [bestehenden] Lastverschiebungen nicht quantifiziert werden konnte». Ohne Kenntnis des Istzustandes geht man der Frage nach den Potentialen von DSM nach. Es wird geschätzt, was denn möglich wäre. Sodann ist verblüffend, dass in der «Studie» festgehalten wird, dass «das DSM-Potential in der Schweiz heute nur teilweise genutzt» wird. Wenn man zugibt, dass man den Istwert nicht kennt, wie soll man dann sagen können, wie weit er vom wünschbaren Soll-Wert entfernt ist? Es kommt der Verdacht auf, dass man das schon von Anfang an wusste, also vor der «Studie». Auch nicht prominent erwähnt sind die Milliardenkosten, die wegen DSM-Installationen entstünden.
Manchmal sehnt man sich schon nach dem hergebrachten System zurück, in welchem Strom dann produziert wird, wenn er gebraucht wird. In der «Energiezukunft» wird man mit mehr oder weniger Nachdruck genötigt (nudging) werden, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er gerade anfällt.
Nebst der hier etwas zu Unrecht vorgegaukelten Wissenschaftlichkeit (Bezeichnung einer ersten groben Einschätzung als Studie) und der Beantwortung einer anderen als der gestellten Frage (Potential statt Istzustand) ist vor allem zu kritisieren, dass Nebenschauplätze der Energiestrategie wie DSM kommunikativ bewirtschaftet werden. Stattdessen sollten die echten Probleme der Energiestrategie 2050 diskutiert werden, vorab jenes der Versorgungssicherheit.