Finanzmärkte setzen auf Kernenergie
«Atomkraft – Ja bitte», titelt die deutsche Zeitung Die Welt. Denn Klimaschutz braucht Kernenergie. Die Finanzmärkte könnten zu einem wichtigen Treiber der Entwicklung werden.
Kernenergie liefert sauberen Strom, zuverlässig und unabhängig von Wetter und Jahreszeit. Doch seit Tschernobyl und Fukushima hat sie einen schweren Stand. So hat Deutschland beschlossen seine Kernkraftwerke abzustellen, in der Schweiz ist der Bau seit 2017 gesetzlich verboten.
Der Ausstiegsentscheid wird zunehmend kritisch beurteilt. Kamen die kritischen Stimmen bis jetzt vor allem aus Industriekreisen, hört man sie nun auch in der Finanzbranche. Darüber hat die Die Welt (Abo) jetzt einen Artikel veröffentlicht. Meinolf Köper, Geschäftsführender Gesellschafter von B&K Vermögen in Köln, wird darin folgendermassen zitiert: «Wir halten den Weg, den Deutschland mit dem kompletten Ausstieg aus der Kernenergie eingeschlagen hat, für riskant». Für Deutschland habe der überhastete Ausstieg negative Folgen: höhere Stromkosten für Unternehmen und Wettbewerbsnachteile. Doch das wichtigste Argument sei der Klimaeffekt: Kernenergie sei neben den erneuerbaren Energiequellen ein wichtiger Baustein zur Dekarbonisierung. «Wir glauben, dass sie die beste Lösung für die Netzzuverlässigkeit bietet, die derzeit skalierbar ist und innerhalb der Netto-Null-Frist bis 2050 praktikabel ist», erklärt Marie Freier von der britischen Grossbank Barclays im Welt-Artikel.
Zurzeit befinden sich auf der ganzen Welt Kernkraftwerke im Bau. Viele davon in China, Russland und Indien. In den westlichen Ländern sind hingegen nur sehr wenige neue Anlagen in Bau oder Planung. Die Welt zeigt, wie der Trend zur nachhaltigen Geldanlage das verändern könnte. Viele Investoren orientieren sich an den ESG-Standards (Environmental Social Governance), die Kriterien für ökologische, sozial und gesellschaftlich verantwortliche Geldanlagen festlegen. Setzt sich die Sichtweise der Klimaschutzbewegung durch und wird die Kernenergie als unerlässliche Komponente im Energiemix der Zukunft anerkannt, könnte der Branche neues Leben eingehaucht werden. Denn wird eine Technologie in den ESG-Kanon aufgenommen, hat das weitreichende Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit von neuen Projekten.
Die Welt schreibt: «Die anziehenden Preise für Uran, den Rohstoff der Kernenergie, deuten auf einen Paradigmenwechsel hin. Während die Aktienkurse jahrelang am Boden lagen, konnten Uranminen seit Jahresbeginn an der Börse um bis zu 80 Prozent zulegen. Auch der Urax-Index mit den wichtigsten Branchenunternehmen stieg seit Januar um gut 50 Prozent. «Die Finanzmärkte könnten zu einem wichtigen Treiber der Entwicklung werden, zeigt die Richtung der Geldströme doch an, wo Zukunftsinvestitionen getätigt werden und wo nicht.»