Netzstabilität gefährdet
Die Schweizer Stromnetzbetreiberin Swissgrid hofft auf ein Stromabkommen mit der EU. Denn ohne ein solches dürfte es bald düster aussehen in der Schweiz.
In der politischen Auseinandersetzung um eine adäquate Energiepolitik kreisen die Diskussionen in der Regel um den Strom, insbesondere dessen Erzeugung und Verbrauch. Wenig Aufmerksamkeit erhält dabei das Bindeglied zwischen diesen beiden Enden der Stromversorgung, also das Stromnetz. Zu Unrecht. Denn ohne ein gut ausgebautes Stromnetz ist auch ein Ausbau der Produktionskapazitäten sinnlos. Schliesslich muss der produzierte Strom beim Endkunden ankommen.
Genau diese Aufgabe übernimmt in der Schweiz die Swissgrid. Jüngst hat diese ihren Jahresbericht veröffentlicht. Darin vernimmt man, dass der Netzausbau in der Schweiz auch 2020 vorangetrieben worden ist. Ein Vorhaben, das bitter nötig ist, jedoch vielfach auf Widerstände stösst. Denn neue Überlandleitungen werden vielerorts bekämpft, die Verlegung unter den Boden ist teuer. Es harzt an vielen Ecken und Enden. «Die langjährigen Genehmigungsprozesse und Einsprachen gegen Netzbauprojekte führen dazu, dass die Modernisierung der Netzinfrastruktur erschwert wird.»
Doch nicht nur dieser alltägliche Kampf ist eine der Herausforderungen. Schwer wiegt auch die immer grössere Diskrepanz zum europäischen Umland. «Mit dem Inkrafttreten des Clean Energy Package werden unter andrem die Netzkapazitäten für den grenzüberschreitenden Stromhandel und der Wettbewerb erhöht. Ohne Stromabkommen und damit ohne Mitspracherecht spitzt sich die Lage für die Schweiz weiter zu. Es besteht die Gefahr, dass die Schweiz zukünftig weniger Strom importieren kann», schreibt die Swissgrid im Jahresbericht.
Ungute Aussichten für ein Land, das mit der Energiestrategie 2050 indirekt auch dazu ja gesagt hat, das Heil der eigenen Versorgungssicherheit in die Hände Europas zu legen. Das Stromabkommen dürfte politisch für lange Zeit ein frommer Wunsch bleiben. Und so wird die Schweiz wohl nicht darum herumkommen, die Produktionskapazitäten im eigenen Land weiter auszubauen. Doch dies ist leichter gesagt als getan. Denn die erneuerbaren Energien werden uns in den Wintermonaten, wenn die Abhängigkeit von ausländischem Strom besonders gross ist, nicht helfen. Der Ausbau der Wasserkraft harzt politisch. Es fragt sich also, wo der Strom herkommen soll, wenn auch der Import über kurz oder lang immer mehr versiegen wird.