Sehr geehrte Damen und Herren,
Besten Dank für die Einladung zur Stellungnahme zum Entwurf für ein Bundesgesetz über die Gasversorgung (GasVG).
Der Energie Club Schweiz (www.energieclub.ch) ist eine Vereinigung von natürlichen und juristischen Personen, deren Anliegen es gemäss Statuten ist, Wirtschaft und Gesellschaft zu begleiten, um eine realistische, jederzeit sichere, bezahlbare und umweltgerechte Energiepolitik zu fördern.
Einleitung und Fokus dieser Stellungnahme
Die unzureichende Regulierung des Schweizer Gasmarkts durch das bestehende Rohrleitungsgesetz (RLG) und die daraus resultierende Rechtsunsicherheit, wie sie durch den Entscheid der Wettbewerbskommission (WEKO) offengelegt wurde, erfordern dringend eine gesetzliche Grundlage. Im Lichte der zahlreichen Analogien zur Strommarktöffnung begrüsst der Energie Club Schweiz ausdrücklich, dass der Gesetzgeber in dieser zweiten Vorlage den Fehler einer blossen Teilmarktöffnung vermeidet. In einer Medienmitteilung vom 3. Dezember 2004 hat sich die Swisselectric (die damalige Organisation der schweizerischen Stromverbundunternehmen) explizit gegen die Teilmarktöffnung ausgesprochen und eindringlich darauf hingewiesen, dass diese Gefahr läuft, als definitive, ungenügende Lösung implementiert zu werden. Sie sollte auch mehr als 20 Jahre später Recht behalten.
Entsprechend liegt der Fokus unserer Stellungnahme konsequent auf der Gewährleistung einer robusten Versorgungssicherheit in der Schweiz durch die Schaffung der dazu notwendigen Strukturen und Instrumente.
Dringlichkeit
Die überhastet eingeleitete grundlegende Strategieänderung in der schweizerischen Energielandschaft seit 2011, die der Bundesrat (bereits am Montag nach den Meldungen aus Fukushima vom Freitag, 11. März 2011 wurden alle hängigen Rahmenbewilligungsgesuche für Kernkraftwerke sistiert), Parlament und Volk lange und intensiv beschäftigte, hat im Resultat zu einer über 15-jährigen «Denkpause» und teilweise gar einem «Denkverbot» in zentralen Bereichen geführt. Niemand in der Stromwirtschaft gab oder gibt Geld für Analysen und Abklärungen im Bereich der Kernenergie aus, wenn diese Technologie explizit und gesetzlich für die Gewinnung von Wärme und Strom verboten ist. Diese «Denkpause», anders lässt sich die Situation kaum bezeichnen, hat nun zu einem echten Reformstau geführt. Dies wiederum ist die Ursache dafür, dass sämtliche derzeit diskutierten energiepolitischen Schritte unentwegt als «dringend» deklariert werden. Hierzu zählen insbesondere die Vielzahl an dringlichen Vorlagen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, die Bestrebungen zur Einschränkung von Rechtsmitteln in diesem Bereich oder Gesetzesinitiativen wie der sogenannte «Solar Express».
Entsprechend wurden (zu Recht) Notkraftwerke und Reservekraftwerke geplant und zu immensen Kosten gemietet. Angesichts der sich laufend verschlechternden Stromversorgungssicherheit, die im Aufruf des Präsidenten der zuständigen Regulierungsbehörde, wonach man 2022 Kerzen und Brennholz beschaffen solle, sind diese Anlagen unabdingbar. Sie waren auch von Anfang an integraler und offizieller Bestandteil der Energiestrategie 2050. Aus politischen Gründen wurde aber sehr früh über diese Anlagen und alles was damit zusammenhängt geschwiegen. Bis es wirklich dringend wurde.
Noch heute geht oft vergessen, dass der Bau solcher Anlagen alleine nicht genügt: Ihr Betrieb erfordert einen beachtlichen Vorrat an fossilen Treibstoffen, primär an Gas und weniger an Erdöl, wie es auch die Diskussionen zu den Reservekraftwerken zeigen, was aus ökologischen und ökonomischen Gründen bevorzugt wurde.
Es ist daher unverständlich, dass für diese kritischen Anlagen keine konkreten Gasspeicher oder äquivalente Reserven vorgesehen wurden. Es mag politisch unerwünscht sein, über solche Reserven zu sprechen, aber dies muss unbedingt geschehen, bevor der Notfall eintrifft. Man muss jetzt handeln, solange es möglich ist.
Allokation der Reserven rechtzeitig und explizit vornehmen
Dank regelmässig überdurchschnittlich warmer Winter in den letzten Jahren, was mit einem sehr tiefen, teilweise rekordtiefen Gasverbrauch einherging, ist der kritische Notfall bisher nie eingetreten. Man kann sich aber nicht permanent auf die Klimaerwärmung verlassen
Sobald sich diese Situation ändert und ein kalter Winter eintritt, werden zugleich grosse Mengen an fossilen Brennstoffen für die Raumwärme sowie – durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen – zusätzlicher Strom für die Raumwärme benötigt. Europaweit.
Es ist daher existentiell wichtig, die Stromproduktion – insbesondere jene aus Reservekraftwerken – unabhängig von der Gasversorgung für die Raumwärme sicherzustellen. Andernfalls entsteht im Krisenfall ein direkter und unlösbarer Verteilkampf zwischen dem Betrieb lebenswichtiger Infrastrukturen (Stromproduktion) einerseits und der Deckung des ebenso wichtigen Grundbedürfnisses an Raumwärme andererseits. Das macht eine gerechte und vernünftige Priorisierung der knappen Energie ausserordentlich schwer.
Der Energieclub Schweiz fordert deshalb, dass das GasVG eine mengenmässig fest definierte Gasreserve für den Betrieb der fossil befeuerten Reservekraftwerke als zentrales Element der Versorgungssicherheit fest verankert. Dabei kann analog der Wasserkraftreserve vorgegangen werden. Diese ist in den Artikeln 8b Absatz 7, 9 Absatz 2 und 30 Absatz 2 des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 20071 (StromVG) geregelt und in der Verordnung über die Errichtung einer Stromreserve für den Winter (Winterreserveverordnung, WResV SR 734.722) detailliert konkretisiert.
Präventions- und Notfallplan der Schweiz für die Gasversorgung vom September 2025
Dieser Bericht des UVEK beschreibt auf Seite 8 korrekt, dass die Verstromung von Gas in der Schweiz bislang eine «untergeordnete Rolle» spielt. Dieses Bild ist im Normalbetrieb zwar zutreffend, wird jedoch im Krisenfall zur gefährlichen Fehleinschätzung: Da eine schwere Stromknappheit in aller Regel mit einer Gasknappheit einhergeht (z.B. bei Beginn des Ukrainekrieges), ist die separate und gesicherte Versorgung der Notkraftwerke mit fossilen Energieträgern – insbesondere Gas – absolut entscheidend für die Aufrechterhaltung der nationalen Stromversorgungssicherheit.
In der Schweiz werden Reservekraftwerke primär mit Gas betrieben. Im Fall einer Gasknappheit kann ein Grossteil dieser Kraftwerke mit Öl betrieben werden. In der Schweiz gibt es auch kleine Gaskraftwerke (Wärme-Kraft-Kopplung), von denen einige auf Heizöl umschalten können. Als geschützte Kunden gelten nur die Reservekraftwerke, die nicht auf Heizöl umschalten können.
Bericht S. 42.
Die Feststellung, wonach die Gaskraftwerke und die Gaskraftwerke zur Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) im Bedarfsfall auch auf Öl umgestellt werden können, ist zwar technisch korrekt, bietet aber keinerlei Gewähr für die Versorgungssicherheit. Auch im Mineralölbereich bestehen – analog zur Gasversorgung – keine expliziten, zwingenden Lagervorschriften für den Betrieb dieser Reservekraftwerke. Ohne gesicherte Reserven an beiden Energieträgern ist die Stromproduktion im Krisenfall nicht gesichert.
Es wird deshalb dringend angeregt, in diesem Gesetz zwingende Gas- und Erdölreserven in einer konkret definierten Menge und Form für den Betrieb aller strategisch wichtigen Stromproduktionsanlagen (Reservekraftwerke und WKK-Anlagen) einzuführen und zu sichern. Dies bedeutet, dass ein Gasspeicher in der Schweiz gebaut werden muss.
Fazit
Es ist zwingend nötig, die Gasversorgung der Reservekraftwerke als elementar wichtige, wenn auch mengenmässig untergeordnete, strategische Reserve gesetzlich zu verankern und mit einem Gasspeicher in der Schweiz sicherzustellen.
Wir danken Ihnen, wenn Sie unsere Bemerkungen aufnehmen und GasVG entsprechend ergänzen.
Sie erreichen den ECS per Mail unter info@energieclub.ch.
Mit bestem Dank und freundlichen Grüssen
Vanessa Meury, Präsidentin Jan Stocker, Geschäftsführer